Interview mit Heidi Harder und Heiko Thurner

Frau Harder und Herr Thurner, wie wichtig ist es, in High Potentials zu investieren und wie erkenne ich junge, ambitionierte Talente in meinem Unternehmen?

Heidi Harder: Junge Menschen, die gerade beginnen, im Unternehmen ihre Potenziale und Wirksamkeit zu entfalten, fallen häufig durch ihre fachliche Kompetenz, ihr hohes Maß an Engagement und ihr professionelles Handeln positiv auf. Um die Motivation dieser Mitarbeiter:innen aufrechtzuerhalten und sie auch längerfristig an ein Unternehmen zu binden, bewähren sich Weiterbildungsangebote zur persönlichen Entwicklung bereits zu einem Zeitpunkt, zu dem sich diese Zielgruppe noch relativ neu in der Arbeitswelt bewegt.
Heiko Thurner: Meiner Meinung nach ist zu den oft zitierten Faktoren Standortvorteil und Technologievorsprung schon seit vielen Jahren eine neue Dimension dazu gekommen. Das Ziel für Unternehmen ist zukunftsfähig zu sein, und um nichts mehr oder weniger geht es. Wenn man sieht, wie sehr Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt umworben werden und berücksichtigt, dass persönliche Flexibilität und individuelle Schwerpunktsetzungen einen Wechsel des Arbeitgebers für viele Mitarbeiter:innen ganz selbstverständlich werden lässt, dann beantwortet sich die Frage nach dem Grund für Investitionen in junge Mitarbeiter:innen fast von allein. Der zweite Teil der Frage fordert meiner Meinung nach eine intensive interne Auseinandersetzung in den Organisationen. Es gilt zu definieren, welche Mitarbeiter:innen die Organisation braucht, um zukünftig ihre Ziele erreichen zu können. Natürlich kann man erkennen, wer ambitioniert ist. Aber ich glaube, es geht darum, welche Fähigkeiten das Unternehmen braucht.

Welche Entwicklungen beobachten Sie derzeit beim Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt?

Heidi Harder: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt hat inzwischen dazu geführt, dass Nachwuchskräfte angesichts des breiten Stellenangebots gezielt nach Unternehmen ihrer Wahl suchen. Um für qualifizierte Nachwuchskräfte attraktiv zu gelten, werden neben den finanziellen Rahmenbedingungen, flexiblen Arbeitszeitmodellen und der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben vor allem auch die persönliche Weiterentwicklung und Karrieremöglichkeiten im Unternehmen als essenzielle Kriterien herangezogen.
Heiko Thurner: Für mich greift diese Frage eng in die Letzte. Welchen Stellenwert hat welche Fähigkeit zukünftig für das Unternehmen? Wie viel Berufung und Leidenschaft weckt die Tätigkeit bei der einzelnen Person? Welche Bedeutung hat beruflicher Erfolg? Wer kann was und welche Fähigkeiten braucht es für die Zukunft? Diese Fragen sind in Bezug auf den Fachkräftemangel meiner Meinung nach sehr bedeutsam. Durch die VUCA1 bzw. BANI2 Welt und die Unsicherheit, die durch die aktuellen Transformationsprozesse vorherrscht, ist vielen Organisationen nicht klar, welche Fähigkeiten in der mittelfristigen Zukunft wirklich gebraucht werden. Nur wer weiß, wen oder was er braucht, kann auch die Zielgruppe definieren und gezielt ansprechen.

Für junge Berufstätige waren früher beruflicher Status und Sicherheit im Beruf wichtig. Was glauben Sie, ist heute die zentrale Motivation der Generation Z in der Arbeitswelt? Worin müssen Unternehmen aktiver werden, um die Dropout-Quote zu reduzieren?

Heidi Harder: Selbstbestimmtheit, Sinnerfüllung, eine ausgewogene Balance der Lebensbereiche, aber auch ein hoher Lebensstandard sowie ein sicherer Arbeitsplatz sind einige der wichtigsten Bedürfnisse der Generation Z. Unternehmen, denen es gelingt, sowohl die persönliche Weiterentwicklung zu unterstützen als auch Karrieremöglichkeiten im eigenen Unternehmen zu ermöglichen, wird es vermutlich gelingen, Mitarbeiter:innen dieser Generation auch längerfristig an das Unternehmen zu binden.
Heiko Thurner: Ich glaube, es ist leichter zu sagen, was nicht mehr funktioniert. Ich bin mir sicher, dass veraltete Strukturen und Hierarchien, starre Arbeitsmodelle, eine fehlende Strategie und Vision und das Gefühl im Unternehmen ein »niemand« zu sein, extrem unattraktiv ist. Der Ansatz, den ich fahren würde, wäre eine Kultur zu etablieren, die der Arbeit einen modernen Rahmen gibt und Tätigkeiten erschließt, mit der sich die Menschen identifizieren können und die persönliche Weiterentwicklung zulässt.

Was erwartet die Teilnehmenden des »Lautracher Young Professionals Programm – Neu in der Arbeitswelt« und welchen praktischen Nutzen erzielen sie?

Heidi Harder: Unser Curriculum bietet jungen Mitarbeiter:innen, die am Beginn eines spannenden beruflichen Entwicklungsweges stehen, die Chance, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die wesentlich dazu beitragen, entscheidende Kompetenzen für das moderne Arbeitsleben zu entwickeln und ihr ganzes Potenzial zu entfalten:
Welche Stärken habe ich und wie kann ich mich damit am besten in einem Team einbringen? Wie kann es gelingen, souverän mit Komplexitäten und Unsicherheiten umzugehen? Auf welche Widerstandskräfte und Ressourcen kann ich zurückgreifen? Welche Bedeutung haben berufliche Netzwerke und wie arbeite ich im Netzwerk?
Fundierte Inputs, praktische Übungen, gewinnbringende Reflexionseinheiten, ein moderierter Austausch in einer spannenden Seminargruppe und der essenzielle Transfer der Inhalte in den Arbeitsalltag ermöglichen es, nachhaltig im beruflichen Umfeld erfolgreich zu sein.
Heiko Thurner: Den Ausführungen meiner Kollegin ist da nicht viel hinzuzufügen, außer dass ich mir wünsche, dass dieses Programm eine Standortbestimmung wird, die zu einem echten Dialog in den Unternehmen führt und die jungen Mitarbeiter:innen in die Lage versetzt, Wünsche, Bedürfnisse, eigene Ziele mit der Strategie und Vision des Unternehmens zusammenzudenken.

Welche Voraussetzungen sollte ein Teilnehmender für dieses Seminar mitbringen?

Heidi Harder: Das Lautracher Young Professionals Programm wendet sich an junge, gut ausgebildete Mitarbeiter:innen, die sich aktiv mit den vielfältigen Herausforderungen ihrer aktuellen Tätigkeit und mit ihrer persönlichen Weiterentwicklung beschäftigen wollen. Dazu gehört Interesse daran, eigenes Verhalten zu reflektieren, sich mit neuen Ideen und Modellen auseinanderzusetzen, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und neue Handlungsoptionen auszuprobieren.
Heiko Thurner: Ich glaube, es ist hilfreich, sich der Frage stellen zu wollen, welche Erwartungen man an das eigene Berufsleben hat. Und den Wunsch verspürt, dieses auch aktiv steuern zu wollen.

Eines der Module beschäftigt sich mit der eigenen Learning Journey. Was ist darunter zu verstehen und wie können Sie dabei unterstützen?

Heidi Harder: Lernen ist ein stetiger Prozess und eine individuelle Reise. Nach erfolgreich abgeschlossenem Studium oder Ausbildung verfügen Young Professionals zwar in der Regel über hervorragendes Fachwissen, werden dann in den Unternehmen jedoch mit Herausforderungen konfrontiert, auf die sie auf dem bisherigen Ausbildungsweg nicht vorbereitet wurden: Fähigkeiten und Fertigkeiten, um unser ganzes Potential zu entfalten!
Entsprechend der individuellen Situation und Herausforderungen geht es darum, eigene Lernfelder zu formulieren und neue Aspekte aus den Bereichen der personalen und sozialen Kompetenzen in den eigenen Arbeitsalltag zu integrieren.
Heiko Thurner: Das Bild der Reise finde ich sehr inspirierend. Es gibt so viele unterschiedliche Formen auf Reise zu gehen und auch wenn jeder von uns, zumindest in der Theorie, zu jeder Reiseform in der Lage wäre, ist doch die eigene Persönlichkeit, die die wesentliche Lernform bestimmt. Mein Ansatz ist, wenn ich weiß, was ich brauche, dann kann ich souverän entscheiden, auf was ich mich einlasse. Für mich ist klar, dass Schule und Hochschule nur einen Teil von Lernen vorstellen und dass es jetzt und zukünftig immer bedeutsamer sein wird, wie ich als Person weiterlernen kann.

Wie gelingt den Teilnehmenden der Transfer der behandelten Themen in ihren konkreten Arbeitsalltag?

Heidi Harder: Unser modulares Curriculum bestehend aus einem Präsenz-Workshop und fünf Online-Modulen bietet die ideale Gelegenheit, fünf entscheidende Kompetenzfelder zu entwickeln. Zwischen den einzelnen Workshops werden die Inhalte mit praxisnahen Übungen im Alltag vertieft und zu Beginn des nächsten Moduls reflektiert. Zum Abschluss des Curriculums kommen die neu erworbenen Fähigkeiten bei der Umsetzung eines individuellen Projektes im Unternehmen zum Einsatz.
Heiko Thurner: Wenn man ganz ehrlich ist, dann ist der Transfer die Mammutaufgabe, die sich während und nach der Schulung für die Teilnehmer:innen ergibt. Wir wollen bewährte, aber auch realistische Transferstrategien vorstellen und zu Transfer-Experimenten bzw. zum Dialog über die Experimente einladen. Die Idee soll sein, dass der Mensch und die Organisation von den Erkenntnissen profitiert.

Am Schluss noch eine persönliche Frage: Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrer Arbeit mit jungen Berufstätigen?

Heidi Harder: Junge berufstätige Menschen zeichnen sich häufig durch sehr hohe Motivation und große Energie zur Entwicklung und Umsetzung von Dingen aus, für die sie sich interessieren. Mir bereitet es große Freude diese Menschen dabei zu unterstützen ihre Motivation und Energie zielgerichtet einzusetzen und damit ihr ganzes Potenzial zu entfalten!
Heiko Thurner: Ich freue mich über Unterschiede und frage mich persönlich immer wieder – muss das so sein! Sie können sich meine Antwort auf diese rhetorische Frage sicherlich vorstellen und deshalb freue ich mich jungen Menschen in Organisationen als Sparringspartner zur Verfügung stehen zu können und Veränderungen auf den Weg zu bringen!

Vielen Dank für das Gespräch!
Interviewfragen: Christina Kral-Voigt, Leitung Seminare I Seminarberatung

(1) VUCA: Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity
(2) BANI: Brittle, Anxious, Non-linear und Incomprehensible

Management Centrum Schloss Lautrach | Heidi Harder

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