Ihr Trainer
Ludger Beckmann
Selbstständiger Managementberater, Trainer und Coach
Es geht auch darum, den jedermann innewohnenden »größeren Menschen« mit noch verborgenen Komponenten einer umfangreichen Persönlichkeit zu verwirklichen.
(Prof. C. G. Jung)
Der Kontext der Selbstkompetenz
Die Selbstkompetenz ist die eine Hälfte der viel beachteten Emotionalen Intelligenz. Die andere Hälfte bildet ihre Schwester – die Sozialkompetenz. Aber diese Sozialkompetenz ist ohne Selbstkompetenz nicht zu haben. Gute Führung braucht beides. Daniel Goleman, der Entdecker des Begriffs der »Emotionalen Intelligenz« und Erfolgsautor des Buches »EQ˛ – der Erfolgsquotient« sagt bezüglich Führung deswegen: »Wer gute Mitarbeiter halten will, muss zur emotional intelligenten Führungskraft heranreifen, denn die Leute trennen sich nicht von Unternehmen, sondern von schlechten Chefs.« Gute Chefs arbeiten also an der Entwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit. Häufig werden solche Themen der »soft skills« und »soft factors« aus betriebswirtschaftlicher Perspektive gegen die »hard facts« gerechnet. Der Nobelpreisträger Konrad Lorenz kannte diese Begriffe wahrscheinlich noch nicht, aber gab uns bereits mit: »Da alle moralische Verantwortung des Menschen von seinen Wertempfindungen bestimmt wird, muss dem epidemischen Glauben entgegengetreten werden, dass nur dem Zähl- und Messbaren Wirklichkeit zukomme. Es muss überzeugend klargemacht werden, dass unsere subjektiven Erlebnisvorgänge den gleichen Grad von Realität besitzen wie alles, was in der Terminologie der exakten Naturwissenschaft ausgedrückt werden kann.« Der Umstand, dass sich dieses Thema keiner harten betriebswirtschaftlichen Rechnung unterwerfen lässt, ist kein Argument gegen seine nutzbringende Sinnhaftigkeit.
Was bedeutet Selbstkompetenz im Lichte erfolgreicher Führung?
»Erkenne dich selbst« hieß es schon im alten Griechenland über dem Orakel von Delphi. Im Anschluss an die anthropologische Existenzanalyse (A. Längle) können wir fortführen: »Erkenne dein Können. Erkenne dein Sollen. Erkenne dein Dürfen. Erkenne dein Mögen. Dann kannst du dein Wollen gestalten.« Eine grundlegende Selbsterkenntnis ist der zentrale Angelpunkt der Selbstkompetenz. Gute Selbstkompetenz beinhaltet Klarheit der eigenen Ziele. Selbstkompetenz atmet durch die eigene Begeisterung und bezieht ihren Brennstoff aus ihr. Selbstkompetenz bewegt sich (und andere) durch die persönliche Zielstrebigkeit. Erst diese befähigt die Person durch echte Steilwände hindurch zu steigen. Selbstkompetenz wurzelt in dem Wissen um sich selbst. Eine realistische Selbsteinschätzung lässt sich zur Orientierung in einem komplexen Umfeld nutzen. Die Person ist damit in der Lage, Fehlorientierungen zu korrigieren, weil sie die eigenen Koordinaten in der Interaktion mit anderen nicht absolut setzt. All diese genannten Eigenschaften sind offensichtlich notwendige Voraussetzungen erfolgreicher Führung.
Die Wahrnehmung der eigenen Gefühle und darunter liegender Anschauungen ist der Zugang zur Herzkammer der Selbstkompetenz
Wie wir soeben gesehen haben, nutzt erfolgreiche Führung zwar die eigene Vernunft, aber als Herzstück der Selbstkompetenz braucht sie den Zugang zu den eigenen Gefühlen. Diese Eintrittspforte zu kennen ist ungleich schwerer als jene zur Vernunft. Sie ist die Schwelle zum Unbewussten. Die Götter haben sich mit dieser Schwelle zum Unbewussten schon etwas gedacht. Dahinter liegt nämlich ein wertvoller Schatz verborgen: Vor langer Zeit überlegten die Götter, dass es sehr schlecht wäre, wenn die Menschen die Weisheit des Universums finden würden, bevor sie tatsächlich reif genug dafür wären. Also entschieden die Götter, die Weisheit des Universums so lange an einem Ort zu verstecken, wo die Menschen sie so lange nicht finden würden, bis sie reif genug sein würden. Einer der Götter schlug vor, die Weisheit auf dem höchsten Berg der Erde zu verstecken. Aber schnell erkannten die Götter, dass der Mensch bald alle Berge erklimmen würde und die Weisheit dort nicht sicher genug versteckt wäre. Ein anderer schlug vor, die Weisheit an der tiefsten Stelle im Meer zu verstecken. Aber auch dort sahen die Götter die Gefahr, dass die Menschen die Weisheit zu früh finden würden. Dann äußerte der Weiseste aller Götter seinen Vorschlag: »Ich weiß, was zu tun ist. Lasst uns die Weisheit des Universums im Menschen selbst verstecken. Er wird dort erst dann danach suchen, wenn er reif genug ist, denn er muss dazu den Weg in sein Inneres gehen.« Die anderen Götter waren von diesem Vorschlag begeistert und so versteckten sie die Weisheit des Universums im Menschen selbst. Unseren derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungsstand bezüglich der Selbstkompetenz beschreibt Sir Peter Ustinov, wie immer humorvoll, so: »Ich gehe so gerne auf Empfänge und Partys. Da erzählen die Leute immer etwas von sich. Und dann höre ich soviel Gutes über die Menschheit.«
Selbstkompetenz ist eine notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Führung
Zurück von der Party auf den Bauplatz des betrieblichen Alltags und in das Wohnzimmer des Beziehungsalltags, wo sich die Selbstkompetenz bewähren muss: Die beschriebene Bewusstheit der eigenen Gefühle und der Zugang zur eigenen »inneren Stimme« dienen allerdings nicht nur als Antenne nach innen und Seismograph zur Eigenorientierung. Nein, diese vermehrte Bewusstheit dient auch zur Außenorientierung. Wie sonst soll die erfolgreiche Führungskraft die Befindlichkeiten der Mitarbeiter und Partner wahrnehmen und berücksichtigen, wenn nicht als Erinnerung an ähnliche eigene Gefühlserlebnisse? Und wie will eine nicht empathische Führung Menschen überzeugen, »gewinnen«, für Ziele begeistern, motivieren, ihr Bestes aus sich heraus zu holen für eine gemeinsame Sache? Oder etwa Meinungsverschiedenheiten lösen, Interessensgegensätze auflösen, gar Konflikte lösen? Wie?
Die Bedeutung dieser Kompetenzen für die Führung veranschaulicht Gerald Wood, Geschäftsführer des Gallup Meinungsforschungsunternehmens, das die weltweit beachtenswertesten Studien über Unternehmenserfolge und Mitarbeiterzufriedenheit gemacht hat, wenn er seine Erkenntnisse zusammenfasst: »Menschen sind emotionale Wesen, daher hängt der Unternehmenserfolg immer von Beziehungen ab.«
Das eigene »Innere Team« kennen
Diese Eigen-schaften der eigenen Persönlichkeit zu kennen und diese »-schaften«, ja diese »Herr-schaften«, als inneren Schweinehund, als mutigen Drachentöter, als treuen Gefährten, als störrischen Esel, als faule Hängebauchschweine, als zarte Schneeglöckchen, als mächtige Bulldozer oder weittragende Adler im eigenen »Inneren Team« zu kennen und richtig zum Einsatz bringen zu können, das ist die hohe Kunst der Selbstkompetenz. Aber Selbstkompetenz birgt noch mehr. Zum Beispiel die Frage der eigenen Werte und ihrer Gründung. Oder ist ein Leben ohne Werte vielleicht leichter? Auch diese Frage muss die Selbstkompetenz beantworten. Die Orientierungslosigkeit mancher Jugendlicher, mancher Talkshows, Magazine, wirtschaftlichen Entwicklungen oder gesellschaftlichen Prozesse zeigt uns die Relevanz dieser Frage. Die Antwort ist noch nicht gegeben. Diese Zusammenhänge von Intuition, innerer Stimme, eigenen Werten und Unternehmenserfolg macht auch einer der international renommiertesten Management-Vordenker Stephen R. Covey in seinem neuen, wirklich lesenwerten Buch »Der achte Weg« zum Zentrum seiner Überlegungen und zu seinem Strategieansatz für den Erfolg.
Wodurch entsteht gute und reife Selbstführung?
Wer bleibt als Dirigent für dieses Innere Team von unseren eigenen inneren Anteilen? Jemand anders? Wie geht das eigentlich, Herr im eigenen Haus zu werden? Wo doch bekanntlich das Unbewusste die Hosen anhat. Wer sich nicht selbst führt, überlässt dies anderen.
Wer – wie in unserem Lautracher Seminar zu diesem Thema – genau dieses Innere Team kennen lernt und es nutzt für einen Dialog mit seiner inneren Stimme, der kann zusammen mit der Eigenschaft der Präsenz und der Achtsamkeit in Kontakt und Konflikt daraus eine authentische und integrierte Selbstführung entwickeln.
Die Kunst des emotional kompetenten Handelns bedarf als Selbstkompetenz der Integration verschiedener Pole. Denn unsere Gabe zur Bewusstheit, unsere Fähigkeit uns begreifende, begriffliche Modelle von der Wirklichkeit zu bauen und unser Geschenk der Selbstbewusstheit ermöglichen uns, diese Wirklichkeit zu gestalten. Das ist die eine Seite. Aber unser biologisches Erbe (wir haben zu ca. 99 % die gleichen Gene wie ein Schimpanse) und andere unbewusste Teile unserer Persönlichkeit entstanden aus Kindheit oder einschneidenden Lebensereignissen, setzen der Verwirklichung unserer Ideen und Ideale enge Grenzen. Das ist die andere Seite. Beide Seiten stehen in beständiger Auseinandersetzung, wenn es um die alltäglichen Auswirkungen des Unbewussten auf unsere Äußerungen und Handlungen geht, z.B. auf unsere Art Feedback zu geben, unsere Konflikte in der Arbeit oder unsere Motivation.
Das Erkennen unserer eigenen inneren Anteile und unbewussten Dynamiken (z.B. Stressreaktionen), unsere zunehmende Wahrnehmung dieser Eigenanteile, die erhöhte innere Achtsamkeit darauf und unsere Fähigkeit zu fühlbarem Ausdruck, zu verständlicher Sprache, zu sehender Empathie und zu bewusster Interaktion sowie unsere Fähigkeit zur Präsenz und die Integration dieser Pole innerhalb unserer eigenen Persönlichkeit sind die Botenstoffe für die Entwicklung in eine reifere Selbstführung, organischere Menschenführung und friedlichere Zukunft.
Die Bausteine der Selbstkompetenz sind die Proteine einer neuen persönlichen, beziehungsmäßigen, betrieblichen und globalen Doppelhelix. Sie bilden diese polare Spirale von ergebnisorientierter Leistung und guter Stimmung im Team, von Strenge und offener Toleranz, von zielorientierter Entwicklung und Menschenorientierung in der Führung. Der Bauplan dieser neuen Doppelhelix von Macht und Liebe ist gerade in Entwicklung. Bitte arbeiten Sie daran mit. Sie können es. Ein jeder für sich und ein jeder an seinem Platze.
Ein Tropfen Liebe ist mehr als ein Ozean Verstand.
(Blaise Pascal)